Nach 2 stündiger z.T. steiler Auffahrt treffen wir – genau
zum richtigen Zeitpunkt - auf die aussichtsreich gelegene Stieralm. Endlich
verziehen sich die letzten Regenwolken und der Blick schweift weit über das
Nauderer Tal und die umliegenden hohen Samnauener Berge.
Die 8-köpfige Gruppe genießt am ersten Tourentag das verspätete Mittagessen, an der
tirolisch-italienischen Grenze, hier oben auf über 2000 Metern.
Wenig später, der Lohn für die erkämpften Bergaufhöhenmeter. Das Tal weitet
sich zu einem Hochtal. Wir „gleiten“ alle, entzückt über kleine Weglein leicht
bergab Richtung grüne Grenze und eindrucksvollen betonierten Relikten aus den
Gebirgskriegen.
Ganz nebenbei begleitet uns eine Herde von freilaufenden Pferden!
Und dann wirklich Postkartenidylle! Weit unten der tiefblaue Reschensee, rundum
einmalige Berglandschaft, alles sonnendurchflutet! Wir lassen uns Zeit zum
Fotografieren und Staunen.
Ich denk mir noch „was für ein Glück, diese Schmankerl-Tour hier, bei diesem
Wetter und mit all den inzwischen wohlbekannten Weggefährten zu beginnen“.
Weiter zieht der Weg, unschwierig auf einem Forstweg, talwärts.
Unerwartet für mich - als Vorausfahrenden - zeigt das Navi, einen kleinen
steilen Abzweig nach links in einen Trail an. Bereits nach wenigen Metern ist „Schluss
mit Lustig!“ Der Weg ist durchsetzt mit größeren Stufen, ausgefahrenen
Wurzelabschnitten und felsigem Untergrund.
Nach kurzem, konzentriertem Abfahren in argem Gelände bleib
ich stehen, um zu warten.
Tja und spätestens da bricht die Postkartenidylle zusammen!
Anruf vom weiter hinten fahrenden Kone. „Günther ist vor ihm an einer felsigen
Stelle gestürzt und hat sich anscheinend den Arm gebrochen“!!
Wir helfen zusammen! Bringen Günther samt Rad rauf zur
Forststraße, verabreichen Schmerzmittel, setzen einen Notruf ab, Handy-Ortung von
der Notrufzentrale in Bozen (Danke noch mal an Adi für die kompetente Hilfe).
Nach 30 Min. bereits kann Günther im Rettungswagen der
Bergrettung talwärts fahren.
Tja, so schnell kann sich das Blatt wenden! Vom traumhaft
schönen Biketag zu einem Tag mit schlimmen Unfall.
Adi - der sowieso nur den 1. Tag unserer Tour mitfahren
wollte - bietet sich an, Günther in´s Krankenhaus zu begleiten und sich um ihn
zu kümmern.
Wir restlichen Fahrer müssen zwangsläufig noch die verbleibenden Kilometer und
Höhenmeter „unter die Stollen“ nehmen um zumindest bis zur gebuchten Unterkunft
im schweizerischen St. Maria zu kommen.
Der nächste Tag beginnt mit Sonnenschein! Von Adi und
Günther wissen wir inzwischen, dass Günthers Arm „nur“ ausgekugelt war und er
noch mitten in der Nacht nach der „Behandlung“ im Krankenhaus zusammen mit Adi gen
Heimat gefahren ist.
Schade, dass Günther jetzt nicht mehr mit dabei ist,
allerdings sind wir auch beruhigt, dass es kein Knochenbruch ist.
Schon vor mehr als 2 Stunden haben die 7 LG-Biker das
markante Schild
„Umbrailpass 2503 Hm – geöffnet“
am Startpunkt unserer heutigen Fahrt passiert. Mit etwas
müden Beinen, aber bestens aufgelegt, in der langsam dünnen und kühler
werdenden Luft, geht´s Kehre um Kehre bergauf. Die Berglandschaft ringsum wird
immer imposanter. Die Sonne meint es gut mit uns. Immer wieder kurze
Fotografier- und Trinkpausen. Im Südosten schält sich langsam das markante
Gletscherprofil des Ortlers heraus. Tourenfeeling pur, satte Sonne, felsige
Zacken ringsum, bestens aufgelegte Mitbiker, von Zeit zur Zeit kurze, nette
Gespräche mit anderen Bikern die wir überholen oder auch diese uns! Endlich,
nach einer engen Kurve, die Passhöhe!
Mittagspause, das Lunchpaket unseres Hotels Chavalatsch wird vernichtet J
Nach 45 min „satteln wir wieder die Hühner“, ab jetzt sind die Stollenreifen
gefordert! Ein kleines, prächtiges Weglein führt mitten hinein in die karge
Berglandschaft. Am Anfang steil und ausgesetzt, später langsam flowig leicht
bergauf! Wieder unzählige Fotoshootings. Tschuki zumeist voraus, danach die
beiden „One´s“ also Kone und Done, im Anschluss die Mädchentruppe mit Karin,
Isabella und Küken Sophia. Laut Tourenbuch stellt der jetzt folgende Übergang,
die Bocchetta di forcola, den höchsten Punkt unserer 6-tägigen TransAlp dar. Die
letzten Meter steil bergauf schiebend, sind wir doch mächtig stolz auf uns, diesen hohen MTB-Übergang erradelt zu haben! Nach einer ellenlangen, ruppigen, nicht
ganz einfachen Abfahrt treffen wir spät am Nachmittag nun im „Italienischen“
ein!
Dank Sophias perfektem Italienisch, klappt auch alles mit der Unterkunft und
dem üppigen Abendessen.
Tag 3 unserer Tour gen Süden:
Die Hitze macht uns allen zu schaffen. Die Teerstraßenauffahrt
nach Santa Caterina de Valfurva ist zwar nicht steil, aber bietet jetzt, bei brüllender
Mittagshitze einfach nicht genügend Schatten.
Nach der verdienten Einkehr – wie könnt´s anders sein – wiederum Kehre um Kehre
bergauf. Bereits nach einer halben Stunde schwindet langsam die Hitze des Tales
und die Landschaft und die Straße werden ruppiger und rauer. Jeder in seinem
Tempo. Sophia, unsere Jüngste mit gerade mal 19 Lenzen, hat sich inzwischen
bestens arrangiert mit den Bergen. Häufig fährt sie – zusammen mit dem unverwüstlichen Kone - vorneweg!
Hut ab, nach doch nur 6 Monaten Training, aber vielen, vielen Kilo- und Höhenmetern!!
Die Abfahrt vom Gavia-Pass ist ein weiteres Highlight! Einfach nur geil! Mehr
als eine Stunde, von 2650 Hm hinab in´s Tal, Highspeed-Abfahrt auf einem engen Teersträßchen, inmitten der imposanten
Ortler Berge. In diesem Flow lassen wir uns auch nicht von einem abfahrenden
Auto vor uns ausbremsen, wir warten den richtigen Moment ab und ziehen alle Sieben, mit
mehr als 50 Sachen vorbei. Saugeil J!
Finaler Tag 6, genauer gesagt „Lago-Tag“ J:
Mit schweren Füssen erreichen wir alle zusammen,
nachmittags, endlich, die letzte Bergauframpe des legendären Tremalzo-Passes!
Gruppenfoto ist hier Pflicht! Der Gardasee – obwohl wohl nur
einige Kilometer und 1800 Tiefenmeter entfernt, verbirgt sich hier noch hinter
ruppigen Felsformationen.
So viele Jahre sitze ich jetzt schon auf dem Bike, jetzt
erstmals, die legendäre Abfahrt mit Freunden über den Tremalzo. Wir zaudern
nicht lange, ganz oben am Scheitelpunkt durchqueren wir den Tunnel und dann
liegt die alte Kriegstraße aus Mussolini-Zeiten direkt vor uns.
In endlosen Serpentinen wickelt sich die leuchtende
Schotterstraße vom Tremalzo-Tunnel zum Passo Nota hinunter. Wir nehmen Kurve um
Kurve, so manch ruppiger Abschnitt will mit Konzentration genommen werden. Isabella
– sicherlich unsere beste Abfahrerin - meistert selbst schwierige Passagen, unbeeindruckt, allzeit lächelnd.
Bei den unzähligen Aussichtsstopps stellt sich bei vielen
Dauergrinsen ein!!
Dann, endlich, Sicht auf den Lago! Und zig Kehren später trudeln wir wohl alle
– mit Gänsehaut – die letzten Meter zum Ortseingang von Riva!
Auch hier perfektes Timing vom nachgereisten Adi! Auf die Minute genau empfängt
er uns 7 Pedalritter, hier direkt am Hafen, mit lauter, lachender Stimme und - wie könnt´s anders sein - mit eisgekühltem Sekt!
Besser geht´s nicht! Ja lieber Leser, "besser geht´s nicht"
Spät abends, in irgendeiner der Lokalitäten die wir
an diesem Abend besucht haben, fällt mir dann natürlich noch Günther ein, der
dies alles leider nicht miterleben konnte.
Schlimmer noch, alle die schönen Aufnahmen während unserer
Tour via WhatsApp mit ansehen musste.
Ein wenig versöhnlich stimmt mich da jedoch, einer seiner letzten
geposteten Kommentare:
„I schwoabs obi! Nächstes Jahr geht´s wieder auf!
Harry
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